Die Erntezeit der Waage

Die Zeit der Ernte (Jungfrau) geht auch in der Waage weiter.

Wenn die Sonne im Zeichen Jungfrau weilt, werden die Früchte, die Mutter Erde hervorgebracht hat, geerntet, um das Überleben in der kalten Winterzeit zu sichern. Die erste Hälfte des Kreises von Widder bis Jungfrau, in der es um das äußere Wachstum geht, ist beendet, es ist die Herbsttag- und Nachtgleiche, wenn die Sonne ins Zeichen Waage eintritt.

Jetzt feiern wir Erntedank, der Altartisch ist reich geschmückt mit all den Früchten, die gewachsen sind, um unser körperliches Leben zu sichern. Bald wird die dunkle Zeit beginnen, die Sonne wechselt ins Zeichen Skorpion. 

Dazwischen ist das Zeichen Waage. Die Luft und die Farben in der Natur sind ganz anders, milder, sanfter, harmonischer als zur ersten Tag- und Nachtgleiche im Frühling. So deuten wir Astrologen/innen auch oft dieses Zeichen Waage.

Aber auch in der Waage wird noch geerntet, nicht materiell, sondern wie es einem Luftzeichen gebührt im geistig immateriellen Bereich.

Das erzählt wunderbar die Geschichte von „Frederik, die Maus“ von Leo Lionni.

„Es ist Sommer, die Mäuse lachen, spielen, freuen sich aneinander und in der Natur mit all den vielen Lebewesen, den Vögeln, den Schnecken, den Schmetterlingen. Nur Frederik macht nicht mit, er liegt allein auf der Wiese. Es wird Herbst und die Mäuse machen sich an die Arbeit, um ihre Wintervorräte zu sammeln. Alle sind fleißig, nur Frederik liegt weiterhin im Gras und beteiligt sich nicht. Die Mäuse schimpfen sogar mit ihm und werfen ihm vor, faul zu sein. 

Die dunkle Zeit beginnt und die Mäuse ziehen sich in ihre Gänge und Höhlen in der Erde zurück. Sie haben noch genügend Nahrung, aber dennoch werden sie immer trauriger und deprimierter. Sie können nur noch an die Gefahren des Winters denken: werden sie verhungern oder erfrieren? Die Stimmung im Mäuseheim ist sehr bedrückt.

Da setzt sich Frederik auf und beginnt zu erzählen. 

Er erzählt vom Sonnenlicht, von den Farben der Blumen und ihrem Duft, vom Lachen und Spielen, von ihren vielen gemeinsamen Erlebnissen und vom Spaß mit den anderen Tieren.

Und die Mäuse erinnern sich. In ihnen werden die Bilder wieder wach und lebendig und damit auch sie selber. Sie beginnen, selber zu erzählen und können endlich wieder gemeinsam lachen und sich freuen.“ 

Die Geschichten und Bilder von Frederik haben das Dunkel in ihnen vertrieben, sie sind zusammengerückt und konnten sich gegenseitig, innerlich und äußerlich, wärmen.

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein (Jesus, Lutherbibel).

Zum Überleben brauchen wir auch seelische und geistige Nahrung. Und diese Ernte erfolgt im Zeichen Waage. Wir können unsere Erlebnisse usw. aus dem vergangenen Zyklus ernten. 

Wir brauchen Begegnungen, Beziehungen, Gespräche, Lachen, Spaß, Austausch, Bilder, Farben, Geschichten, Musik, all die Dinge, die uns innerlich bewegen und das Licht, die Sonne wieder in uns anzünden.

Das wurde in der Frederik-Geschichte dann wohl auch den Mäusen bewusst, wie wichtig das war, was Frederik, anscheinend faul, für ihr Überleben gesammelt hatte, und auch, welchen Wert diese Art der Nahrung darstellt. 

Und die Moral von der Geschicht?

In der vergangenen Corona-Krise waren genügend Lebensmittel oder auch medizinische, körperliche Versorgung vorhanden und dennoch stieg die Zahl der Depressionen – auch bei Kindern und Jugendlichen – stark an. Denn all die „geistig-seelische“ Nahrung fehlte. Die Menschen fühlten sich vielleicht ähnlich wie die Mäuse in ihren dunklen Gängen in der Erde.

Das Positive an einer Krise ist, dass wir uns bewusstwerden und Erkenntnisse gewinnen können, dass eben nicht nur das Materielle (z.B. Geld) unser Überleben sichert, sondern dass wir auch geistig-seelische Nahrung und Gemeinschaft benötigen.

Jetzt sind wir in der sogenannten Gas-Krise und wir sollen die Temperatur in unseren Wohnungen senken. Früher – ich weiß nicht, wann dieser Brauch endete – gab es im Schwäbischen das sogenannte „Lichten“. Die Menschen trafen sich im Wechsel reihum bei einem von ihnen und nur dort wurde geheizt und Licht gemacht. Die Menschen rückten zusammen (wie die Mäuse in der Geschichte) saßen beieinander, erzählten sich, tauschten Erfahrungen aus, machten Handarbeiten, lachten und wärmten sich.

Ein schöner Brauch. Vielleicht kann man ihn für den kommenden Winter wieder zum Leben erwecken.

Eva Stangenberg

Mehr über die Autorin: 

https://www.astrologieschule.org/das-team/eva-stangenberg 

 


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