1. November Allerheiligen: Skorpion-Zeitqualität

Symbolik des 8. Horoskop-Hauses, des Skorpions und des Pluto: Am 1. November öffnet sich ein Tor zur geistigen Welt der Ahnen. Ernst Ott schildert astrologisch die Geschichte dieses Festes von der Frühzeit bis heute.

Gedanken zur Skorpion-Zeit und zur Geschichte des Allerheiligen-Festes


von Ernst Ott



Ein Tor zur geistigen Welt


Am 1. November feierten viele alte Völker die Skorpion-Zeitqualität. Dann öffnete sich für eine Nacht ein Fenster zur geistigen Welt und man konnte mit seinen Ahnen und mit göttlichen Wesen Kontakt aufnehmen.  So auch am keltischen Samhain-Fest. Aus der Sicht des keltischen Geistes, der im letzten Jahrtausend vor der Zeitenwende ganz Europa prägte, lebten die Geister in der damals so genannten „anderen Welt“, lateinisch orbis alius. Dieses keltische Jenseits war weder im Himmel noch unter der Erde, sondern hier auf der Erdoberfläche, unsichtbar direkt bei uns Lebenden. Da die Kelten – wie vielfach bezeugt ist – an Wiedergeburt, Reinkarnationszyklen und Unsterblichkeit glaubten, war es für sie selbstverständlich, die Skorpion-Zeitqualität zur Kommunikation mit ihren Ahnen und der gesamten geistigen Welt zu nutzen.


Alle Götter und das römische Pantheon


Im klassischen Altertum der Griechen und Römer lebten die Götter in fernen Reichen, z.B. auf dem Olymp, einige von ihnen jedoch in der Unterwelt, wo auch die Schatten der verstorbenen Menschen wandelten. Zugang zu Göttern und Ahnen verschafften heilige Orte und Tempel, wo – oftmals verstärkt durch eine Statue des Gottes – deren Energien präsent waren, aufgerufen werden konnten, und damit direkt den Lebenden beistehen konnten. Das galt für die großen olympischen Götter genauso wie für vergöttlichte Helden und für die unsterblichen Seelen (Genien) der Ahnen, die im häuslichen Familien-Altar verehrt wurden. Der römische Kaiser Hadrian baute im zweiten Jahrhundert nach Christus nicht nur einzelnen Göttern einen Tempel, sondern auch einen horoskopförmigen Rundbau für alle sieben Planeten-Götter gemeinsam. Es ist das Pantheon, der best erhaltene Bau des Altertums, der noch heute in Rom besichtigt werden kann, ein Abbild der Himmelskuppel mit einem runden Durchbruch zum Himmel. Die Götter der sieben Planeten, Merkur, Venus, Saturn usw., standen darin symbolisch für den Kosmos überhaupt, für die Gesamtheit des Geistigen und Göttlichen. Der Bau war „allen Göttern“ gewidmet, wie der Name Pantheon ausdrückt: Griechisch pan=alles, theos=Gott.


Götter werden zu Heiligen


Die Geschichte des christlichen Allerheiligen-Festes ist eng mit dem Pantheon in Rom verbunden. Seit der Antike, wo es als Ort des Staatsgötter-Kultes diente, war das Pantheon im Besitz des römischen Kaisers, dann seines Rechtsnachfolgers, des Kaisers von Ostrom in Konstantinopel. Bis 609 nach Christus stand das heidnische Gebäude ungenutzt auf dem römischen Marsfeld, dann schenkte es der Kaiser dem Papst Bonifatius IV. damit dieser es als Kirche nutzen könne. Der Papst war gebildet genug, um die alte Bedeutung dieses Gebäudes zu kennen. So widmete er die Kirche nicht einem bestimmten Heiligen, oder Apostel, sondern allen verstorbenen vorbildlichen Christen, eben allen Heiligen und Märtyrern. Für die Kirche heißt der Bau bis heute „Santa Maria ad Martyres“.  Etwa seit dem Jahr 700 wurde im Pantheon ein alljährliches Allerheiligen-Fest begangen, das sich bald über die Welt verbreitete, wo heute zahlreichen Allerheiligen-Kirchen stehen. Als Datum für das Allerheiligen-Fest wählte man symbolisch stimmig den ersten November, den alten heidnischen Tag für die Kommunikation mit den Toten. Wenn wir uns bewusst machen, dass die Heiligen verehrungswürdige Verstorbene sind und dass am 2. November auch „aller Seelen“ gedacht wird, können wir erkennen, dass die katholische Kirche hier auf schöne Art eine neue Form für die alte archetypische Wahrheit geschaffen hat, die man so zusammenfassen könnte: Die geistige Welt ist nicht sichtbar, aber dennoch eine Realität. Die Kommunikation mit Ahnen und göttlichen Wesen ist unter bestimmten rituellen Bedingungen möglich. Die Skorpion-Zeit des Wandels eignet sich dazu besonders, denn Energien sterben nicht, sie wandeln sich nur und werden immer wieder neu geboren.

 

Die Geister werden zur Kürbislaterne

Mit dem industriellen Zeitalter verlor das Christentum seinen prägenden Einfluss,  es dominiert seither der Rationalismus. Der Genius der Ahnen, die Götter und Heiligen finden keinen Glauben mehr. Seit der Romantik gibt es höchstens noch Schlossgeister und Gespenster. Zwar versuchten einige Esoteriker im 19. Jahrhundert eine angeblich keltische Tradition zu beleben und erfanden für die Nacht vor dem Allerheiligentag das Halloween-Fest. Doch dieses entwickelte in der breiten Bevölkerung keine große Kraft. Das traurige Ende begann, als sich vor etwa dreißig Jahren in den USA das heutige Halloween etablierte. Die Skorpion-Symbolik reduziert sich nun darauf, dass man sich dank Schminke einmal ein bisschen skorpionisch böse fühlen darf.  Aus dem Kraft spendenden Bündnis mit der anderen Welt wurde ein Geister-Spuk für Kinder.

Bildnachweis: Das Kürbis-Lichter-Foto ist von Petar Miloševi? - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29124689

 


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