6. Januar: Die Heiligen drei Könige sind Astrologen

Sie sahen den Weihnachtsstern, eine Jupiter-Saturn-Konjunktion, deuteten sie als Beginn einer neuen Ära und besuchten das Kind im Stall.

6. Januar: Epiphanias oder Dreikönigstag

Epiphanias ist der antike Ausdruck für die Erscheinung oder Sichtbarwerdung eines Gottes. An diesem Tag wird in der Ostkirche die Geburt Christi gefeiert. Am 6. Januar steht die Sonne bereits in der Mitte des Steinbocks. Dann sind die Rauhnächte vorüber und das neue Sonnenjahr hat den ersten Schritt seines Aufstiegs vollbracht.

Nach kirchlicher Tradition kommen zu diesem Zeitpunkt die heiligen drei Könige zum Stall von Bethlehem. Im Urtext handelt es sich um Magoi. Dieser griechische Begriff ist nicht mit „Magier“ zu übersetzen. Es handelt sich vielmehr um Sternkundige aus Persien oder Babylon, also dem Mutterland der Astrologie. Magoi waren gelehrte Philosophen, welche die Zeichen des Himmels zu lesen verstanden.

Johannes Kepler hat nachgewiesen, dass der „Weihnachtsstern“, der sie leitete, kein Komet mit Schweif war, sondern die große Jupiter-Saturn-Konjunktion des Jahres 7 v.Chr. in den Fischen.

Der 6. Januar ist also der Drei-Astrologen-Tag. Es ist schön, dass unser Berufsstand an so prominenter Stelle im Neuen Testament auftaucht. Die Magoi wussten, dass eine Konjunktionen jeweils einen Zyklusbeginn darstellt und deuteten sie als neue Ära, als Erscheinen eines epochemachenden Wesens. Dieses Wesen musste einen lichtstrahlenden Charakter besitzen, und so schenkten sie dem neu geborenen Kind Gold, das Metall der Sonne und der Könige. Und es musste ein Bote aus der spirituellen Himmelswelt sein, daher brachten sie Weihrauch mit. Weihrauch verwendete man damals bei Opferritualen für Götter. Die drei Astrologen hatten also ihre Deutung gleich in sinnlich wahrnehmbare Symbole umgesetzt.




Aus dem dritten Jahrhundert stammt die meines Wissens älteste Darstellung der sterndeutenden Magoi, die sich heute in den vatikanischen Museen befindet. Sie zeigt auf einer Grabplatte aus den Priscilla-Katakomben den Weihnachtsstern über Maria und dem Jesuskind. Sein rundes Zentrum stellt die Sonne dar, die sechs Strahlen symbolisieren die übrigen sechs sichtbaren Planeten. Es wird also auf die Gesamtheit des astrologischen Systems verwiesen. Mit fliegenden Mänteln folgen die Magoi dem Stern, Geschenke in der Hand und durch die so genannten phrygischen Mützen als Besucher aus dem Orient gekennzeichnet.

Luther, der über Astrologen sagte: „Es ist ein Dreck um ihre Kunst“, übersetze das Wort Magoi daher lieber mit „Weise aus dem Morgenland“. In der späteren Tradition begann die hierarchische Aufwertung der Astrologen/Magoi: In der Tradition der staatstragenden Kirche wurden sie zu Königen gemacht. Dann kamen ihre angeblichen Gebeine in einen goldenen Schrein im Kölner Dom, und zuletzt wurden sie auch noch heilig gesprochen: „Die Heiligen Drei Könige“.  Man könnte dies als Verfälschung betrachten. Andernfalls wäre von heiligen Astrologen die Rede, was vielleicht auch nicht unbedingt wünschenswert wäre, denn Astrologen würden dadurch in Versuchung geführt, sich zu Göttern aufzuschwingen.  

Ernst Ott


Dieser Artikel erschien zuerst in "Astrologie Heute" im Dezember 2018

(Bild oben: Drei Könige in der Lutherkirche Gütersloh, Bild von Hewa - Eigenes Werk, CC BY 3.0, commons.wikimedia.org/w/index.php)

(Bild unten: Dreikönigenschrein in Köln. Bild von Arminia - File:Dreikönigsschrein im Dom1.JPG, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2237541)


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