Stier-Persönlichkeit: "Der Himmel ist ein großes Buch"

Im Unterschied zu seinem Zeitgenossen und Bewunderer Goethe war Hebel wohl nie bei einem Astrologen. Dennoch verdanken wir ihm ein wunderbares Zitat: „Der Himmel ist ein großes Buch

von Ernst Ott


Zum Geburtstag des Dichters Johann Peter Hebel am 10. Mai

Im Unterschied zu seinem Zeitgenossen und Bewunderer Goethe war Hebel wohl nie bei einem Astrologen.  Dennoch verdanken wir ihm ein wunderbares Zitat: „Der Himmel ist ein großes Buch über die göttliche Allmacht und Güte, aber man kann es nicht verstehen, wenn man keinen Dolmetscher hat.“  Dieser Satz fällt mir als Astrologe immer ein, wenn ich vor einem Horoskop stehe, einem symbolischen Himmel und diesen für einen Klienten zu übersetzen versuche.  Astrologen sind Himmels-Dolmetscher.

Am Tag seiner Geburt fand es niemand nötig, die Geburtszeit Hebels zu notieren, Unterschicht-Kinder waren nicht von großer Bedeutung.  Er verlor früh beide Eltern, hatte aber das Glück, eine Schule besuchen zu dürfen, wo bald seine Begabung erkannt wurde, und man förderte ihn. Er durfte schließlich sogar in der Hauptstadt eine Eliteschule besuchen (das Gymnasium illustre in Karlsruhe). 

Sein Geburtshoroskop (als Tageskonstellation ohne Aszendent und Häuser abgebildet) zeigt ihn als sinnlichen Stier.  Er liebte es beispielsweise an einem ruhigen Sommer-Nachmittag im Wirtsgarten bei einem Glas Wein dem Summen der Bienen lauschend einen schönen Roman von Jean Paul zu lesen. Er hatte es im Übrigen nicht immer leicht, aber er jammerte nicht, sondern schrieb mit der Einsicht seines Fische-Mondes in der Nähe des Saturn: „Erfahrung und Übung im Unglück lehrt Schweigen.“ 

Er entwickelt früh eine eigenwillige Spiritualität und wollte Pfarrer werden.  Seine Sonne im Aspekt zu Jupiter und zu Neptun legt das Thema Religion nahe. Er wünschte sich eine ruhige Land-Pfarrei mit vielen Gelegenheiten in der Natur spazieren zu gehen.  Es hätte so gerne Zeit gehabt, in der Welt herum zu Vagabundieren, wie er sich ausdrückte.  Doch man gab  ihm alle möglichen anderen Aufgaben. Schließlich wurde er Lehrer, Schuldirektor und zuletzt eine Art Bildungsminister für das badische Großherzogtum. 

Er gehörte also zu den staatstragenden Figuren.  Dennoch bewahrte er sich erstaunlich liberale Ansichten.  Wenn man weiß, wie erbittert damals z.B. die Lutheraner an ihren orthodoxen Meinungen festhielten und andere protestantische Richtungen ablehnten, den Katholizismus erst recht, dann erstaunt Hebels Äußerung, es sei „närrisch, zu glauben, Gott mache keinen selig, bis er ihn orthodox gemacht“ habe.  Es ist „nirgends geboten, recht zu meinen, sondern recht zu tun. Selig, der dies tut, er sei Jude, Türk, Heid oder Christ.“ (Exzerpthefte, Badische Landesbibliothek H 84)  Dies ist wohlverstanden die Äußerung eines Mannes der damals höchster Kirchenrepräsentant des Landes war, in dieser Funktion sogar Mitglied der Landeskammer und persönlicher Berater des Großherzogs.  

Der Glaubens-Planet Jupiter im rebellischen Zeichen Wassermann mag dies nahe gelegt haben, vielleicht auch die Notwendigkeit, den unaspektierten Uranus zu integrieren.  Letztlich sind aber weltanschauliche Dinge nicht direkt aus dem Horoskop abzuleiten, sondern eine Sache des freien Willens; jeder ist für seine Ansichten und sein Glück selbst verantwortlich.  Oder wie Hebel es ausdrückte: „Alle Gelegenheit, glücklich zu werden, hilft nichts, wer den Verstand nicht hat, sie zu nutzen.“

Immer wenn ich auf dem lauten und hektischen Marktplatz Karlsruhes an dem Haus vorbeigehe, in welchem er wohnte (es ist dort eine Gedenktafel zu sehen), dann denke ich an Hebels Sehnsucht nach Ruhe und Frieden. Sie entstand wohl aus der Kombination seiner Fische- und Stier-Planeten. Hebel schrieb: „Das wahre und sichere Glück des Lebens liegt nicht außer uns, sondern in uns, nicht in den Goldkisten, sondern im ruhigen zur Freude rein gestimmten Herzen.“


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