Die arme Jungfrau - ein missverstandenes Tierkreiszeichen

Im folgenden erzählt Eva Stangenberg die Geschichte vom Aschenputtel neu. Sie liest daraus eine erstaunliche Menge von astrologischer Symbolik. Dabei scheint vor allem eine neue Sicht des Jungfrau-Zeichens auf.  Vielleicht haben wir dieses Tierkreiszeichen wirklich unterschätzt, und es hat bisher selber eine Art Schattendasein gefristet. 


Gönnen Sie sich eine ruhige Stunde um diesen Gedankengängen zu folgen. Die neue Sicht ist bereichernd und sagt auch einiges über das Chiron-Prinzip aus.

 

Die arme Jungfrau. Ich habe den Titel deshalb so gewählt, weil dieses Zeichen in den Deutungen der Tierkreissymbolik oft nicht so gut weg kommt.
Die Qualitäten hier sind genau, analytisch, gründlich, fleißig, ordentlich, bescheiden, helfend, dienend. Sicher alles positive Eigenschaften, ja sogar nützliche, aber so recht begeistern können sie einen wohl nicht.
So ist es nicht verwunderlich, dass mancher jungfraubetonte Mensch es eher hinnimmt, als dass er das Gefühl hat, mit diesen Fähigkeiten kann man was machen, was Spaß macht oder gar Erfolg verspricht.

Aber, hört man dann, das ist halt die Aufgabe der Jungfrau, sie ist fleißig und bleibt bescheiden im Hintergrund, erfüllt ihre Arbeit und freut sich, wenn alles ordentlich erledigt ist.

Ich habe in meinen Beratungen aber eher selten diese Freude am bescheidenen Dienst erlebt, sondern eher eine Unzufriedenheit, da die erhoffte Belohnung ausblieb, egal wie sehr man sich auch angestrengt hatte und die Erwartungen der anderen zu erfüllen glaubte.

Und das Bedürfnis nach Anerkennung, nach Belohnung ging sogar häufig mit Schuldgefühlen einher, dass sie so vermessen und egoistisch seien, sich etwas für sich zu wünschen.
Denn man sollte doch den Dienst leisten um des Dienstes Willen und aus Einsicht in die Notwendigkeit und nicht etwa aus egoistischen Motiven heraus.

Ja, oft war es sogar so, dass sie mit sich selber sehr kritisch waren, glaubten sogar, sie seien selber schuld am entgangenen Erfolg und meinten, sich noch mehr bemühen zu müssen.
Eine jungfraubetonte Klientin erzählte mir mal, daß ihr Lebensmotto ein Poesiealbumspruch sei:
„Sei wie das Veilchen im Moose, sittsam, bescheiden und rein, nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein.“
Sehr jungfräulich, wie mir scheint.
Und für mich riecht das auch so ein bisschen nach negativ verstandenem Christentum: das Leben hier auf Erden ist eben schwer und hart, aber wenn man gut ist und sich bemüht, kann man sich so einen Platz im Himmel verdienen.
Das wäre dann symbolisch das Gegenzeichen, die Fische.

Ja, und dann beobachte ich bei diesem Zeichen eine große Sensibilität und Empfindsamkeit, die sich mit den oben genannten Beschreibungen nicht verstehen lassen.
Und ich vermute hinter dem starken Bemühen, in Ordnung zu sein, alles richtig machen zu müssen auch Angst, Unsicherheit und vor allem fehlendes Vertrauen.

Der Mythos von Chiron, den ich der Jungfrau zuordne, half mir bei meiner Arbeit sehr, diese Seiten des Zeichens zu verstehen. Auch er bemühte sich ja sehr, den Makel der Unvollkommenheit, seinen tierischen Hinterleib, zu überwinden. Vergeblich, er konnte sich durch eigene Anstrengung nicht heilen.
Und auf den ersten Blick erscheint es so, als ob sein Dienst am Nächsten, sein Opfer für Prometheus, die Lösung, die Heilung oder die Belohnung brachte, denn er kam ja dann in den Himmel.
Diesen Mythos kennen Sie ja sicher alle, und wir finden, so betrachtet, auch hier die helfende und dienende Komponente des Jungfrauen – Zeichens und auch die Opfer – und Hingabe – Thematik des Gegenzeichens Fische.

Aber ist das wirklich die Botschaft des sechsten Zeichens, der Jungfrau?

Für mich wie gesagt, nur auf den ersten Blick. Denn ich glaube nicht, dass wir dem Zeichen Jungfrau gerecht werden, wenn wir den Betroffenen im Beratungsgespräch empfehlen, sich ganz in ihren Dienst und ihre Aufgabe hinein zu geben und nichts für sich selber zu beanspruchen, um in Ordnung zu sein und sich wie Chiron oder Christus zu opfern.

Ich möchte hier etwas anders an die Deutung dieses Zeichens herangehen und zwar mittels des Märchens „Aschenputtel“, für mich das Jungfrauen – Märchen mit Chiron – Symbolik. Und so ist dieses Märchen in den Beratungen oft ein Schlüsselerlebnis für die Klienten mit diesen Themen.

Auf den ersten Blick erscheint es ja auch in diesem Märchen so, als ob es stimmt, dass eine Belohnung folgt auf Bescheidenheit und Arbeit, denn Aschenputtel bekommt am Schluss den Prinzen.
Aber - eben nicht erst im Himmel wird sie belohnt, sondern schon auf Erden zur Königin. Also hat unsere Jungfrau auch die Chance zu diesem enormen Erfolg.

Schauen wir uns das Märchen miteinander an. Ich werde parallel dazu immer die astrologische Symbolik des Zeichens Jungfrau mit ein beziehen.

Aschenputtels Mutter stirbt früh, und auf ihrem Totenbett sagt sie zu ihrer Tochter: „Liebes Kind, bleib fromm und gut, dann liebe ich dich vom Himmel herab und auch Gott liebt dich.“
Nun ist Aschenputtel allein, denn auch der Vater hat kaum Zeit für sie.
Aber sie folgt dem Rat der Mutter und ist ein gutes Mädchen.
Der Vater heiratet bald wieder, eine Frau mit zwei Töchtern.
In der neuen Familie hat Aschenputtel nun aber auch keinen Platz, die beiden anderen Mädchen werden bevorzugt.
Und sie beschwert sich nicht. Sie ist folgsam, bescheiden, fleißig, ordentlich, fügsam, hilfsbereit, so wie sie es von ihrer Mutter als Rat bekommen hatte.
Aber nie kann sie es recht machen. Die Erwartungen der Stiefmutter werden immer größer und allen Bemühungen zum Trotz erntet sie nur Härte und Kritik. Und auch die neuen Schwestern sind sehr garstig zu ihr. Sie stellen sich egoistisch in den Mittelpunkt und Aschenputtel muß auch ihnen dienen.

Das Märchen erzählt uns bis hierher, dass Aschenputtel schon früh allein war und sich wahrscheinlich auch in der neuen Familie nicht zugehörig fühlte. Niemand kümmerte sich um sie, niemand nahm sie wichtig, auch der Vater nicht, und sie selbst folgte trotz des Leides den mitgegebenen Lebensregeln der Mutter und bemühte sich, gut und fromm zu sein.
Gut und fromm, diese Worte füllt das Märchen in seiner Beschreibung Aschenputtels mit Inhalt, wobei es in unserem persönlichen Leben natürlich ganz andere sein können (z.B. „wenn du erfolgreich bist“ oder „wenn du stark bist“ oder „wenn du bei uns bleibst“ oder „wenn du schön bist“, oder, oder.)
Es waren Bewertungskriterien, die sie übernommen hatte, denn die versprachen ja, dass sie in Ordnung ist und dafür geliebt werden würde.
Aber alle Bemühungen, alle Anstrengungen, die Erwartungen zu erfüllen und endlich doch noch geliebt und geschätzt zu werden, waren vergeblich.

Vielleicht erinnert sie dieser Teil im Märchen auch an das Bemühen von Chiron. Und vielleicht finden wir in den beiden Schwestern auch den abgespaltenen weil schlechten und nach außen projizierten Teil, die Kentauern.

Werfen wir an diesem Punkt im Märchen einen Blick auf die Jungfrauensymbolik im Tierkreis.

Das Zeichen Jungfrau, das sechste im Tierkreis, steht an der Nahtstelle zwischen innen und außen, zwischen Ich und Du, zwischen Persönlichkeit und Gesellschaft.
Von Widder bis Löwe, von Haus eins bis Haus fünf verläuft diese persönliche Entwicklung, die persönlichen Planeten von Mars bis Sonne.
Mit dem Abschluss im Löwen oder 5.Haus, mit der Sonne, weiß der Mensch: “Das bin Ich“ und freut sich an sich und lässt das, was ihn ausmacht strahlen.
Mit dem Mars oder dem 1.Haus unterscheidet er sich, mit Venus und dem 2.Haus entwickelt er eigene Werte und Talente, mit Merkur und dem 3.Haus eigene Meinungen und Vorstellungen, mit Mond und dem 4.Haus seine Bedürfnisse und die Innenwelt seiner Gefühle und im 5.Haus und mit der Sonne ist dieser Prozess der individuellen Ich – Entfaltung abgeschlossen.
Der so entwickelte Mensch kann im Zeichen Waage oder im 7.Haus dem Du begegnen.

Dazwischen liegt das Zeichen Jungfrau, im Jahreszyklus die Zeit der Ernte.
Ein Apfelbaum hat viele Äpfel produziert, aus einer Kartoffel wurden viele neue, jede Pflanze schenkt das, was sie ausmacht, ist mit ihrer Art nützlich für das Gemeinwohl.
Hier in der Jungfrau werden die Früchte geerntet, -
„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ – ein Bibelspruch -  bei einem Menschen eben das, was ihn in seiner Persönlichkeit und Besonderheit auszeichnet.
Und auch er möchte nun nützlich sein für die anderen im 7.Haus, geschätzt werden für das, was er geben kann.

Wir finden hier in der Jungfrau das Element der beweglichen Erde.
Bei der Ernte gibt Mutter Erde das her, was in oder auf ihr gewachsen ist. Auch das können wir auf einen Menschen übertragen. Er hat Gaben, die er geben möchte, am liebsten in eine Aufgabe hinein, um mit sich für die anderen nützlich zu sein.

Aber auch der Treibsand ist ein Bild für die bewegliche Erde.
Auf ihm findet man keinen Halt, fühlt sich nicht sicher, muss aufpassen, dass der Boden unter den Füßen nicht weg rutscht, ist ängstlich und sehr sensibel auf die Umwelt ausgerichtet.

Wenn sich nun dieses unsichere Gefühl auf die eigene Person bezieht, oder der Wert der eigenen Andersartigkeit, der Gaben und Früchte, in Frage gestellt wurde, oder sich gar nicht entwickeln konnte, z.B. mit Planeten in diesem Zeichen oder Haus oder im Aspekt zu Chiron, verstehen wir vielleicht, wie sich dieser Mensch bemühen wird und sich anstrengt, um auch einen Wert für die anderen darzustellen, um auch dazu zu gehören. Und wie sensibel er auf Bewertungen reagiert.

Er sucht ja eine Aufgabe, um ebenfalls nützlich zu sein für die Gemeinschaft. Sicherheit und Stabilität verspricht aber nur die Orientierung an den Erwartungen und Bewertungen der anderen, am Du im 7.Haus, denn das Eigene ist ja unsicher. Damit steht er ja auf Treibsand.
Er produziert in dem Fall dann die Früchte, die die anderen wollen, nicht etwa seine eigenen, und bewertet sein „In – Ordnung – Sein – Gefühl“ am Erreichen dieser Kriterien.

Stellen Sie sich bitte vor, sie wären von Ihren Persönlichkeitsanteilen als eine exotische, fleischig saftige Frucht, vielleicht sogar mit Stachelhaut gedacht, aber Ihre Umgebung will nur Boskop-Äpfel.
Sie können sich anstrengen wie Sie wollen, Sie werden nie einer.
Also müssen Sie sich immer nicht in Ordnung fühlen, sich noch mehr bemühen, und die Angst vor der Kritik ist berechtigt, denn Sie sind kein Boskop – Apfel, können diesen Anspruch also nie erfüllen.
Und die Kritik und das Gefühl des Unvermögens wird solange so bleiben, wie Sie versuchen, einer zu sein.
Die Aufgabe, die Sie für andere erfüllen wollen, kommt in diesem Fall einer Selbst – Aufgabe gleich.

Vielleicht haben Sie ja einen persönlichen Planeten in der Jungfrau oder im 6.Haus oder im Aspekt zu Chiron und können das Gefühl nachvollziehen.

Diese Symbolik, die wir bis hier im Zeichen Jungfrau gefunden haben, erzählt uns auch das Märchen bis zu dieser Stelle, nämlich Aschenputtels vergebliches Bemühen, sich die Zuwendung der anderen zu verdienen, indem sie sich selbst (ihre Sonne) und ihre Eigenart immer mehr aufgibt und versucht, die Erwartungen zu erfüllen.
Denn sie hatte in ihrer Kindheit wohl kaum das Gefühl entwickeln können, dass sie wie sie ist liebenswert ist.
Gut und fromm sind die Kriterien, und was das ist, hatte die Mutter definiert.

Aber was passiert in der Umwelt?
Die freut sich nicht etwa oder wird gar auch gut und fromm, sondern im Gegenteil.
Die Schwestern und die Stiefmutter werden immer garstiger, immer egoistischer, immer eitler.
Das deute ich als Projektion. Die eigenen, nicht gelebten und verdrängten Anteile werden in der verzerrten Form des inneren Bildes nach außen auf die Umwelt projiziert und bestätigen damit geradezu, dass diese Anteile eben nicht gut, nicht lebens- oder liebenswert sind. Egoismus ist z.B. ein Zerrbild der Sonne und die Eitelkeit kann der Venus zugeordnet werden.
Und wir finden in den beiden Schwestern und der Stiefmutter auch das Bild aus dem Chiron-Mythos wieder, nämlich den abgespaltenen weil schlechten und nach außen projizierten Teil, den die Kentauern für Chiron leben.

Wie geht´s weiter im Märchen:
Der König will einen Ball veranstalten, damit sein Sohn eine passende Braut finde.
Alle sind herzlich eingeladen, und auch die Stiefmutter mit ihren beiden Töchtern will hingehen.
Die werden nun prächtig rausgeputzt, Aschenputtel schaut zu und muß dabei auch noch helfen.
Da sagt sie etwas Unvorstellbares: „Ich will auch auf den Ball.“
Wie kann sie nur an so etwas denken und dann auch noch aussprechen!
Sie als Aschenputtel!!!
Die Stiefschwestern lachen sie denn auch aus.
Zu Anfang verspricht es ihr die Stiefmutter sogar, mit einigen Auflagen allerdings: sie muss erst alle Arbeit fertig haben.
Und wieder strengt sich Aschenputtel sehr an, lockt doch die Belohnung.
Aber, als sie endlich fertig ist, kommt die Enttäuschung: sie darf nicht mit!
Ist doch ihr Platz am Herd und nicht etwa auf einem Ball.
Sie soll sich doch mal anschauen, wie sie aussieht. Man müsste sich ja für sie schämen.
Wie kann sie nur auf so einen absurden Gedanken kommen!
Und die Stiefmutter schüttet ihr Linsen in die Asche, die sie sortieren soll.

Unterbrechen wir hier das Märchen.

Vielleicht kennen Sie bei Ihrem Jungfrauen – Thema das auch:
immer die Hoffnung, wenn ich das fertig habe, aber dann...!
Aber fertig sind Sie nie, es wartet immer noch eine Pflicht, immer ist etwas  nicht so ganz in Ordnung, immer gibt es noch etwas zu erledigen.
Auch Chiron versucht ja vergeblich, sich zu heilen, immer die Hoffnung und dann die Enttäuschung, wieder hilft es nicht.

Bis hierher im Märchen versucht Aschenputtel weiterhin, sich die Belohnung zu verdienen durch eigene Anstrengung und lässt sich ihren Platz und ihren Wert zuweisen, eben von den anderen.
Und wenn sie Aschenputtel bliebe, würde sie am Herd in der Asche bleiben und die Linsen sortieren und nicht auf den Ball können.
Aber es hatte sich etwas geändert: sie hatte einen eigenen Gedanken, eine eigene Vorstellung wie Leben auch sein kann.
Denn bisher kamen Freude, Tanzen, Lachen, sich schön machen, auf einen Ball gehen ja nicht vor in ihrem Leben. Die waren sogar negativ besetzt. Das war nichts wert.

Sie hatte es gewagt, auch mal an sich zu denken. Umzudenken!
Das Leben ist nicht nur Arbeit und Mühe, sondern kann auch für sie schön sein.

Sie beginnt, das übernommene Muster von dem, was gut und fromm bedeutet, in Frage zu stellen.

Für uns selber müssen wir es wieder auf die eigenen, übernommenen Bewertungskriterien übertragen.

Das ist der Wendepunkt im Märchen.

Ich möchte die Schritte, die jetzt im Märchen folgen, direkt auf den Tierkreis und die persönlichen Planeten, die in der Erzählung symbolisch auftauchen, übertragen.
Ich beschränke mich dabei hauptsächlich auf die persönlichen Planeten, die Zeichen von 1 – 6 mit ihren Herrschern. Aber auch die überpersönlichen, die jeweilig gegenüber liegenden Zeichen mit ihren Herrschern, können wir als Entsprechungen im Märchen finden.

Der erste Schritt ist Merkur, ein Umdenken, sie meldet sich mit einem Wunsch, einer eigenen Vorstellung von Leben wie es auch noch sein kann zu Wort.

Aber, da sie die Erlaubnis immer noch von anderen, hier von der Stiefmutter abhängig macht, wird sie ihr nicht gegeben.
So setzt sie sich ans Feuer und will die Linsen sortieren.
Bleibt sie Aschenputtel?
Nein, sie kann den ersten Schritt nicht rückgängig machen, nicht mehr hinter ihren neuen Gedanken zurück.
Das gegenüberliegende Zeichen ist Schütze mit seinem Herrscher Jupiter. Der gibt in seinem Mythos jedem das Recht auf die Entfaltung seiner eigenen Persönlichkeit.

Jetzt kommen im Märchen die Vögel, speziell die Tauben, die ihr helfen, die Linsen zu sortieren:
„Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“ – vielleicht erinnern Sie sich an den Satz.
Und ganz schnell ist Aschenputtel mit ihrer Arbeit fertig und könnte nun auf den Ball.

Was sagt uns dieser Teil im Märchen, übertragen auf unsere Tierkreissymbolik und die Planeten:
Tiere symbolisieren in Märchen häufig eigene instinkthafte Wesensanteile, die in Notsituationen zu Hilfe kommen.
Und hier helfen Tauben, unter anderem ein Symbol für die Venus.

Wir können es kurz übersetzen mit Selbstliebe, das Schätzen der eigenen Werte hilft ihr.
Davor war sie ja immer bemüht, sich Liebe zu verdienen, nun beginnt sie, sich selber zu lieben und nicht mehr auf die anderen und ihre Erlaubnis zu warten.
Das ist der zweite Schritt weg vom bisherigen Verhalten.

Aber wie geht es nun weiter im Märchen, wie kommt sie auf den Ball?

Sie geht ans Grab der Mutter und weint.
Als Aschenputtel hat sie keine schönen Kleider, sie war ja bescheiden und hatte sich vom Vater, als der auf einer Reise war und Geschenke mitbringen wollte, nur ein Haselnussästchen gewünscht.
Dieses Ästchen hatte sie auf das Grab der Mutter gepflanzt und es war inzwischen zu einem kleinen Baum herangewachsen.
Da sitzt sie nun und weint.
Und plötzlich hängt an dem Baum ein wunderschönes rotes Kleid.

Übertragen wir wieder, was uns das Märchen erzählt.
Sie geht ans Grab der Mutter. Das Grab können wir mit der Symbolik des Gegenzeichens Skorpion verbinden und auch ihre Abhängigkeit von der Fremdwertbestimmung.
Ich deute das Bild im Märchen so, dass sie die alten Verhaltensmuster, die sie aus ihrer Kindheit übernommen hatte, und die sie letztendlich zum Aschenputtel gemacht hatten, loslässt, sterben lässt. Bildlich gesprochen kann damit das Aschenputtel sterben.
Sie will ja nun nicht mehr bescheiden im Hintergrund bleiben, dieses Modell hat sich nicht bewährt, um Liebe zu bekommen.
Ihre Venus, ihr Selbstwert, sie als Frau ist erwacht, sie will auch schön sein und tanzen gehen.
Und die Verwandlung der überholten Muster erfolgt sofort: es hängt ein rotes Kleid am Baum.

Die Farbe rot können wir mit dem Planeten Mars assoziieren.

Mit diesem Kleid geht sie auf den Ball, und der Prinz tanzt nur mit ihr.
Astrologisch übersetzt heißt das, sie zeigt ihren Willen, ihre Unterschiedlichkeit, die Nabelschnur, die sie durch die Worte gut und fromm noch mit ihrer Mutter verband, ist durchtrennt. Eine neue Person ist geboren, denn niemand erkennt sie als Aschenputtel.
Wir finden hierin einige Marsentsprechungen.

Aber noch ist die Verwandlung nicht vollendet.

Um Mitternacht muss sie schnell nach Hause und ist wieder Aschenputtel am Herd, und keiner vermutet, dass sie die schöne Prinzessin war.
Im Märchen geht sie an den folgenden beiden Tagen wieder ans Grab und jedes Mal hängt ein noch schöneres Kleid am Baum:
am zweiten Tag ein silbernes, am dritten Tag ein goldenes.
Und der Prinz will nur sie, sie soll seine Frau werden.
Aber noch kann er sie nicht finden.

Was sagt uns das?
Dreimal geht sie unerkannt auf den Ball.
Drei, die Zahl der Wandlung, auch Chiron war 3 Tage in der Unterwelt. Aber 3 ist auch die Zahl der Synthese zwischen zwei Polen, in diesem Fall der inneren und der äußeren Persönlichkeit.

Genau das ist die Zwischenstellung des Zeichens Jungfrau, dem sechsten Zeichen, die Verbindung zwischen dem Menschen in seiner Persönlichkeit und seine äußere Realisierung, seine Verkörperung, als Frucht für die Gesellschaft.
Sie kennen die Zahl sechs als Sextil – Aspekt.
Im Davidstern sind es sechs Sextile, und er setzt sich aus den beiden Dreiecken, dem Symbol für das Trigon, die Synthese, zusammen, dem Yin – und dem Yang – Dreieck.

Das zweite Kleid ist silbern, das dritte golden.
Silber, die Farbe für den Mond, Gold für die Sonne.
Auch hier die beiden Urpolaritäten yin und yang.

Mit dem Silber des zweiten Kleides, mit dem Mond, zeigt sie ihr Innenleben, zeigt offen das, was ihre Seele empfangen hat und mit dem Gold des dritten Kleides, der Sonne, ihre ganze Persönlichkeit, das bin „Ich“.
Aus Aschenputtel, die sich über andere definierte, ist eine Prinzessin geworden, eine bewusste und selbst bestimmte Persönlichkeit.

Und nun sucht im Märchen der Prinz nach ihr, denn er hat jetzt einen Anhaltspunkt, einen Schuh, den sie bei ihrer Flucht am dritten Abend verloren hat.
Den beiden Schwestern passt der Schuh nicht, sie schneiden sich jeweils ein Stück vom Fuß ab.
Aber die Tauben sagen dem Prinzen die Wahrheit:
“Ruckedigu, ruckedigu, Blut ist im Schuh, der Schuh ist zu klein. Die rechte Braut ist noch daheim“.
Und diese rechte Braut, die dritte, ist Aschenputtel.
Und der Prinz führt sie heim, und sie leben glücklich in ihrem Königreich bis an ihr Lebensende.

Übersetzen wir das Ende:
Der Schuh, durch den der Prinz sie findet, ist auch ein schönes Bild.
Vielleicht kennen Sie ja den Ausspruch, man solle nur die Schuhe tragen, die einem passen und nicht in fremden Schuhen durch das Leben gehen.
Oder: wer in den Fußstapfen anderer geht, hinterlässt keine eigenen Spuren.
In den Fußsohlen ist übrigens der ganze Mensch abgebildet und mit ihnen hinterlässt er hier auf der Erde seine ganz individuellen Abdrücke.
Und vielleicht fällt Ihnen zu Schuh auch die Zuordnung der Füße zum Tierkreiszeichen Fische, dem Gegenzeichen der Jungfrau, ein.
So ist auch dieser Schuh auch ein Symbol für die Verbindung von Innen und Außen, von sich selbst und der Umwelt, Haus sechs, Haus 12, Jungfrau/Fische, oder letztendlich dafür, dass das Vertrauen (Fische) in den Wert der eigene persönliche Existenz (Jungfrau) und das Annehmen dieser individuellen eigenen Frucht, und mag sie noch so exotisch sein, uns zur Königin macht und den Platz finden lässt, der für uns der richtige ist.
Wir können es auch auf das Chiron-Thema übertragen, der ja in seinem Umlauf eine Verbindung herstellt, eine Brücke baut, zwischen Uranus, der individuellen und spirituellen Idee eines Menschen und Saturn, der Realität und der Verkörperung.

Als Bild erzählt uns das Märchen mit der Vermählung die Verbindung der getrennten Pole, nämlich männlich und weiblich, zu einer Einheit. Das finden wir auch in der 6.Tarot – Karte, den „Liebenden“.

Schloß und Königreich sind ein Symbol für das 5.Haus,
und König oder Königin ein Archetypus für das Selbst, analog der Sonne, die das strahlend nach außen abgibt, was sie ausmacht.
Hier haben wir wieder die Gaben, die gegeben werden, aber nun die eigenen.
Jetzt ist Aschenputtel nicht mehr an dem Platz, den ihr andere zuweisen und muss das geben, was andere von ihr erwarten, sondern Königin im eigenen Reich und damit dort, wo sie hingehört als das, was sie in ihrer Persönlichkeit ausmacht.

Wenn wir das Märchen und das Zeichen Jungfrau so deuten, geht es nun also an diesem Zykluspunkt nicht mehr darum, uns zu bescheiden und die Erwartungen der anderen zu erfüllen, um uns einen Platz im Himmel oder in der Welt der anderen zu verdienen, sondern gerade darum, uns in unserer Persönlichkeit wichtig zu nehmen und mit unseren Gaben eine Aufgabe zu erfüllen.
Es geht auch nicht darum, im außen in Ordnung zu sein, in dem man alles ordentlich erledigt und keine Fehler macht, sondern darum, in der eigene kosmische Ordnung zu sein, um die Verbindung von Körper, Seele und Geist. Und das ist letztlich das Heilwerden und das Thema Gesundheit, um das es beim Zeichen Jungfrau geht.

Symbolisch geht es also um den Blick zurück im Tierkreis zu den persönlichen Anteilen, bevor wir uns dem Du im siebten Haus zuwenden können.

Was macht mich aus in meiner Andersartigkeit, meiner Eigenart, was ist meine Anlagenidee, die ich empfangen habe, um dann nämlich genau das als Frucht für die anderen zu sein, was ich in meiner Individualität und Besonderheit sein kann.

Ich möchte hier noch einmal kurz das Bild der exotisch – fleischigen Frucht mit Stachelhaut vom Anfang aufgreifen.
Nun, nach der Verwandlung zu einer bewussten Persönlichkeit wären Sie stolz darauf, gerade mit Ihrer Andersartigkeit dienen zu können.
Sicher würden nicht alle Sie mögen, besonders die nicht, die unbedingt Boskopf–Äpfel wollen, aber die, die Sie mögen, meinen nun auch Sie und schätzen Sie gerade um Ihrer Eigenart willen.

Das ist für mich auch der Inhalt des Chiron – Mythos, sich anzunehmen mit dem, was man ist und genau mit diesen Gaben eine Aufgabe zu erfüllen.

So fordert uns also das Zeichen Jungfrau auf, uns vom Aschenputtel zur Königin zu verwandeln und den Platz in der Welt zu finden, wo wir mit dem dienen können, was uns ausmacht, was wir sind.


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