Der 1. Mai und das Tierkreiszeichen Stier

Von der Stiersymbolik des Wachstums über keltische Fest, über Besitzverhältnisse und Arbeiterkämpfe zieht sich ein großer Bogen, der aufgrund der Zeitqualität des 1. Mai astrologisch gedeutet werden kann.

von Ernst Ott

 

1. Mai: Stier-Symbolik und Wachstum

Zum ersten Mai gibt es unterschiedliche Bräuche: Mancherorts wird ein Maibaum aufgestellt, am ersten Mai wird das keltische Beltane-Fest gefeiert, und seit gut hundert Jahren auch der so genannte Tag der Arbeit. Diese verschiedenen Feste haben einen gemeinsamen Hintergrund in der kosmischen Zeitqualität: Sie feiern letztlich den Monat Mai, das Wachstum und damit das Tierkreiszeichen Stier, das kosmische Symbol des Wachstums.  Zuerst einmal feiern wir das Wachstum der Natur. Wer in dieser Jahreszeit in die Natur hinausgeht, kommt ganz unwillkürlich in das Lebensgefühl hinein: Es wächst, es ist genug da!


Das Beltane-Fest am 1. Mai

Leider wissen wir wenig über die Gedankenwelt der Schöpfer des Beltane-Festes, die historischen Kelten. Man nimmt jedoch an, dass die tradierten Volksbräuche in Irland und anderswo Reste dieses Gedankenguts enthalten, Beltane wäre dann eine Art Sommeranfang-Fest. Da werden Feuer entzündet, die das Wachstum feiern, Kühe und Stiere zwischen Feuern durchgetrieben, damit sie gesund bleiben. Die astrologische Stier-Symbolik winkt mit dem Zaunpfahl.

Häuser, Tiere Menschen werden mit Blumen und frischem Grün geschmückt. Auch die Maibaum-Tradition steht wohl in diesem Zusammenhang. Überall spüren wir die Stier-Boschaft: Es ist genug da, um das Leben zu schmücken.

Zu den heutigen 1.-Mai-Feiern der Arbeiter und Gewerkschafter gehört als Symbol die Nelke (eine blühende Stier-Blume). Sie wurde heute vor vierzig Jahren nach der Nelkenrevolution in Portugal zum Friedenssymbol. Auch der Wunsch nach Frieden ist ein Stier-Symbol, ebenso wie die weiße Taube. Damals verlief die Revolution unblutig, weil die Portugiesen den sie bedrohenden Soldaten Nelken in die Gewehrläufe steckten.


Tag der Arbeiter

Der so genannte Tag der Arbeit ist im späten neunzehnten Jahrhundert als Kampftag der Arbeiterklasse entstanden. Durch den Wachstumsschub der Industrialisierung hatten die Menschen einen unerhörten Reichtum erschaffen - was wieder der Stiersymbolik entspricht. Als dieser Reichtum so ungerecht verteilt wurde, dass er gleichzeitig zur Verarmung der Arbeiterklasse führte, wehrte sich diese. Dabei spielte ein anderes Stier-Thema eine Rolle, über welches der Stier-Geborene Karl Marx seine Theorien entwickelte: Der Privatbesitz. Die Arbeiter sagten sich damals: Es ist nichts dagegen zu sagen, dass jemand der genug Geld hat, Maschinen zu besitzen, diese bedient und benutzt; die Ergebnisse gehören ihm  allein. Wenn er dies jedoch nicht selber tut, sondern die Arbeit von andern verrichten lässt, sollte er den so entstandenen neuen Gewinn gerecht teilen mit denen, die diesen Reichtum durch ihrer Hände Arbeit produziert haben.

Das Stier-Prinzip: „Es ist genug da, jeder hat das Recht auf seinen Anteil“ gilt heute in einem nie dagewesenen Maße, weil soviel da ist, dass man damit die Weltbevölkerung üppig ernähren könnte. Auch heute ist die Armut nicht von der Natur gemacht, sondern durch die von den Menschen erschaffenen Besitz-Verhältnisse.

Jedem stehen die Früchte der Natur zu. Vor der Natur sind alle gleichwertig und gleichberechtigt.


Jeder soll die Früchte genießen können

Dieser Gedanke bewegte auch Mozart im Jahr 1786. Als Wassermann war er in einigen Punkten seiner Zeit voraus. Am Vorabend der französischen Revolution, noch bevor die Menschenrechte formuliert waren, entdeckte er ein von der Zensur verbotenes Schauspiel, Beaumarchais „Hochzeit des Figaro“. Er vertonte es, und so entstand die Oper "Le nozze di Figaro". Der Diener Figaro fordert darin seine Rechte. Die Klasse, die den Besitz an sich gerissen hatte, waren damals die Aristokraten. Der Aristokrat in der Oper ("il conte", der Graf) ist die einzige ausschließlich negativ gezeichnete Figur unter all den Hunderten von Operngestalten, die Mozart erschuf.  Mozarts Sympathie war mehr auf der Seite der arbeitenden Dienerklasse.

In geradezu prophetischer Klarsicht beschrieb Mozart den Bürger und Arbeiter als Menschen der Zukunft und ließ den Grafen in der Oper verarmen. Als diese Oper im kaiserlich-königlichen Burgtheater aufgeführt wurde, musste der Kaiser in seiner Loge einige Toleranz aufbringen... Wir erleben hier eine besondere Variante der Botschaft des Stier-Zeichens: Es ist genug da für alle, die Natur lässt ihre Früchte nicht nur für die Obstbaumbesitzer wachsen.  Was Wunder, dass das Stück im Monat des Stiers uraufgeführt wurde, und zwar am 1. Mai.   Recht auf Wachstum für alle! 

Für mich als Mozart-Fan ist der erste Mai auch der Geburtstag von Mozarts Figaro. Musikfreunde können hier die Ouvertüre zur Nozze di Figaro hören:

https://www.youtube.com/watch?v=_oKU94kxv-o


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